Die Leiterin des Spitalamts erwartet eine Zunahme der stationären Aufenthalte und einen Rückgang der ambulanten Behandlungen – ein Paradigmenwechsel?
Im August wurde vom Regierungsrat des Kantons Bern die neue Versorgungsplanung für das Gesundheitswesen vorgestellt. Eine der wichtigen Herausforderungen für die aktuelle Planung stellt die neue Spitalfinanzierung dar. Die Gesundheitsdirektion erwartet einen Anstieg der stationären Behandlungen.
Die Nachfrage nach Spitalbetten wird stärker ansteigen als nach ambulanten Behandlungen, was den Grundsatz “ambulant vor stationär“ gemäss Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) in Frage stellt.
Annamaria Müller Imboden, Leiterin des Spitalamts, sieht sowohl die veränderte Bevölkerungsstruktur als auch die neue Spitalfinanzierung als Ursachen. Gemäss GEF sei es im Interesse eines Spitals, stationäre Behandlungen durchzuführen, da die Spitäler neu über die Zahl der Behandlungen finanziert werden. Auch Versicherer würden von stationären Behandlungen profitieren: Während im akutstationären Bereich der SwissDRG-Tarif gelte und sich der Kanton Bern zu 55% an den Kosten beteilige, gelte im ambulanten Bereich der TARMED-Tarif, den die Versicherer zu 100% allein bezahlen.
Eine andere Sicht nehmen die Spitäler selbst ein. Die Befürchtung eines Anstiegs stationärer Fälle sieht Beat Straubhaar, Präsident des Verbands der Berner Spitäler Diespitäler.be, als unbegründet, da stationäre Behandlungen mit Aufwand verbunden seien.
Die Versicherer betrachten die “ambulant-stationär”-Frage unterschiedlich. Während die Visana die ambulante Behandlung als volkswirtschaftlich sinnvoller betrachtet, hängt diese Frage gemäss KPT von der medizinischen Fragestellung ab.
Derzeit suchen die Gesundheitsdirektorenkonferenz als auch der Bundesrat eine Lösung für ein “richtiges” Anreizsystem.
Der SPITEX Verband Kanton Bern ist befremdet über die Aussagen, welche den Grundsatz „ambulant vor stationär“ in Frage stellen. Weiss in der GEF die rechte Hand nicht, was die linke tut? 2007 wurde der Grundsatz „ambulant vor stationär“ in der Versorgungsplanung festgehalten. Das Alters- und Behindertenamt ALBA fordert die Spitex-Organisationen seither dazu auf, dieses Ziel zu ermöglichen. Die Spitex-Organisationen unterstützen diesen Leitsatz und sind durch Fusionen, Umstrukturierungen und Qualitätskontrollen den Anforderungen des heutigen Gesundheitswesens gewachsen.
(Quelle: Der Bund, 3.9.2011)
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