„Betreutes Wohnen“ kombiniert Kostenvorteile
Wann ist die Pflege durch Spitex günstiger, wann hat das Heim Kostenvorteile? Und welche Rolle spielen die Kosten bei der Wahl der Pflegeform für die betroffenen Menschen? Eine vom Spitex Verband Schweiz in Auftrag gegebene Studie liefert Antworten auf diese Fragen. Zwei wichtige Erkenntnisse: Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung spielen bis weit in den Mittelstand hinein eine zentrale Rolle bei der Sicherung einer gewissen Wahlfreiheit für die Pflegeform. Und „Betreutes Wohnen“ ist aus wirtschaftlicher Perspektive ein interessantes Modell, weil es die Kostenvorteile von Spitex und Heim kombiniert.
Die Fachleute der Spitex leisten anerkanntermassen hochprofessionelle Hilfe und Pflege zu Hause. Spitex steht aber in einem wirtschaftlichen Spannungsfeld. Wo liegen die ökonomischen Grenzen von Spitex? Wann ist die Pflege zu Hause kostengünstiger, wann diejenige im Heim? Der Spitex Verband Schweiz liess diese Fragen in einer Studie untersuchen. Das auf arbeits- und sozialpolitische Studien spezialisierte Büro Bass aus Bern beleuchtete die Grenzen von Spitex aus zwei Blickwinkeln: einerseits bezüglich Einfluss der Kosten auf die Wahlfreiheit der Pflegebedürftigen und andererseits mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Kosten. Die Studie untersuchte diese Fragen anhand umfangreicher Modellrechnungen für die Kantone Zürich, Bern und Waadt. Berücksichtigt wurden verschiedene Haushaltsformen (Alleinstehende, Paare) und Einkommenssituationen, dies jeweils für Beispiele mit unterschiedlich hohem Pflegebedarf.
Ergänzungsleistungen sehr wichtig
Die Untersuchung mit Blick auf die individuelle Wahlfreiheit der Pflegeform zeigt auf, wie wichtig institutionalisierte Unterstützungsleistungen bei Krankheit und Behinderung sind. Bis weit in den Mittelstand hinein ist es für Menschen mit mittlerer oder hoher Pflegebedürftigkeit nur dank Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung möglich, zu Hause gepflegt zu werden. Dabei ist die Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen der Ergänzungsleistungen ein entscheidendes Element. Dies macht deutlich, wie wichtig eine Aufklärung der pflegebedürftigen Menschen über die ihnen zustehenden Unterstützungsmöglichkeiten ist. Die Spitex kann hier – insbesondere im Sinne einer Erstinformation – eine entscheidende Rolle einnehmen.
Volkswirtschaftlicher Vergleich
Für den volkswirtschaftlichen Kostenvergleich Heimpflege/Spitexpflege errechneten die Studienautoren die Gesamtkosten der beiden Pflegeformen. Erfasst wurden deshalb neben den reinen Pflegekosten bei der Pflege zu Hause auch die Ausgaben für die Betreuung, die Wohnung und den allgemeinen Lebensbedarf, im Heimbereich die Vollkosten für Pension und Betreuung sowie für persönliche Auslagen. Bei leichter Pflegebedürftigkeit sind die Gesamtkosten deutlich tiefer, wenn ein Mensch zu Hause gepflegt wird. Bei sehr hohem Pflegebedarf sind die Gesamtkosten im Heim tiefer. Die aktuelle Studie bestätigt dabei die Ergebnisse zweier früherer Untersuchungen für die Kantone Tessin und Bern.
Bei mittlerer Pflegebedürftigkeit und -komplexität überlappen sich die Kostenstrukturen zwischen Heim- und Spitex-Pflege. Zwar lässt sich dieser Bereich nicht allgemeingültig abgrenzen, weil die Werte zwischen den untersuchten Kantonen und sogar innerhalb eines Kantons variieren. Der Überlappungsbereich dürfte aber bei einem Bedarf zwischen 60 und 120 Minuten Pflege pro Tag liegen, schätzen die Studienautoren. Seine Grösse wird stark durch die Form der Betreuung (z.B. freiwillige oder bezahlte Betreuung) und den Einbezug der pflegenden Angehörigen mitbestimmt. Die Differenzen ergeben sich aus verschiedenen Faktoren. So sind zum Beispiel die reinen Pflegekosten für die Pflege zu Hause höher als im Heim. Dies unter anderem, weil bei Spitex jeweils Wegkosten anfallen. Zudem übernehmen bei der Pflege zu Hause höher qualifizierte Mitarbeitende aus praktischen Gründen oft auch einfachere Arbeiten, während in einem Heim solche Tätigkeiten an weniger gut ausgebildete Mitarbeitende delegiert werden können. Im Gegenzug schlagen im Heim insbesondere die Infrastrukturkosten und die Betreuungskosten stärker zu Buche als beim Wohnen zu Hause.
„Betreutes Wohnen“ kombiniert Vorteile von Spitex und Heim
Die Studie zeigt auf, dass speziell im Überlappungsbereich der mittleren Pflegebedürftigkeit ein interessanter Spielraum für eine Beeinflussung der Kosten liegt. Die Mischform „Betreutes Wohnen“, also ein Wohnkomplex mit angeschlossenem ambulantem Pflegeangebot, könnte die Kostenvorteile von Heim und Spitex verbinden. Die Lebenshaltungskosten wären ähnlich tief wie bei einer privaten Wohnung, und die Kosten der Spitex-Pflege könnten reduziert werden, weil weniger Wegkosten anfallen und gezielt das entsprechend qualifizierte Personal für die unterschiedlich komplexen Arbeiten eingesetzt werden könnte.
Im Anhang finden Sie den Studienbericht (Deutsch, mit Zusammenfassung auf Französisch).
(Quelle: SVS, 19. Mai 2011)
((Studie oekonomische Grenzen Spitex))